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Tag 16 – Heimreise
Auch der heutige Tag will uns rein wettermässig nicht überzeugen. Es geht wieder Regen nieder, der Wind pfeift schon den dritten Tag hintereinander in unverminderter Intensität durch die Klamotten und draussen ist der See nach wie vor aufgewühlt.

Die Wetterprognosen versprechen Aufhellungen und wärmere Temperaturen für den Nachmittag. Morgen Sonntag soll es sogar wieder spätsommerlich warm werden. Die Vernunft gebietet, noch einen Tag länger hier im Hafen zu verweilen und erst am Sonntag die Heimreise anzutreten. Andererseits werden wir morgen vom schönen Wetter nicht viel haben, weil trotzdem die meiste Zeit für’s Aufräumen und Zusammenpacken draufgeht. Ausserdem hätten wir gerne noch einen Tag übrig, um zuhause anzukommen, Wäsche zu waschen und all die anderen Dinge zu erledigen, die in den letzten 2 Wochen liegengeblieben sind.
So entscheiden wir uns, die Zelte heute abzubrechen und den geordneten Rückzug anzutreten. Wir bezahlen beim Hafenmeister die Zeche, ziehen die Betten ab, räumen das Schiff auf, packen unsere Siebensachen in Kisten und Taschen und entsorgen Abfall. Dann heisst es Abschied von Auvernier zu nehmen. Wir ziehen das Stromkabel ein, lösen die Leinen und tuckern langsam Richtung See hinaus.

Der Wind der letzten Tage hat den See von südwestlicher Seite her ordentlich aufgepeitscht. Wellen von bis zu 1.5 m Höhe rollen mit Schaumkronen oben drauf den See hinunter. Für uns ungünstig, weil unser Heimathafen im Südosten, ziemlich genau gegenüber von Auvernier, liegt und wir damit quer zur Welle fahren müssten. Da Auvernier in einer von Süden her abgedeckten Bucht liegt, laufen die Wellen noch von vorne auf uns zu. Unser Bug durchschneidet die Wasserhügel, unser Kahn bäumt sich dabei auf und klatscht wieder herunter. Gelegentlich spritzt dabei Gischt hoch. Wir fahren gedrosselt, um Stampfen zu vermeiden. Andernfalls fühlte es sich bei jeder Welle an, als würde jemand voll in die Bremsen treten.
Richtig unangenehm wird es erst weiter draussen, wenn die Wellen allmählich auf unsere rechte Seite treffen. Anders als ein Segelschiff haben wir keinerlei stabilisierende Komponente wie einen Gewichtskiel oder ein Segel im Wind. Wir würden rollen, das heisst wüst von rechts nach links durchgeschüttelt, Schubladen würden aus den Führungen springen und Einrichtungsgegenstände durch die Gegend fliegen. Die Kunst ist, die Wellen in einem 45°-Winkel anzufahren und das Rollen möglichst abzufangen. Dadurch können wir zwar nicht auf direktem Kurs unseren Heimathafen erreichen, aber so verhindern wir, dass unser Interieur danach wie nach einem Junggesellenabschied aussieht.
Der Kurs muss dabei permanent mittels starker Ruderkorrekturen gehalten werden, weil die Wellen das Schiff immer in eine Querlage zwingen wollen. Entscheidend ist dabei, Fahrt zu machen, weil ohne Fahrt keine Ruderwirkung mehr existiert. Ein Maschinenausfall wäre deshalb jetzt gerade eine saublöde Idee. Nichts, das irgendwie lebensgefährlich wäre, aber ziemlich unangenehm. Lydia klebt sicherheitshalber alle Küchenschubladen mit Gewebeband zu und verstaut alles, was nicht niet- und nagelfest ist, im Spülbecken. Ausserdem verschliesst sie alle Bullaugen, da die Gischt bis aufs Deckhaus spritzt.
In der Ferne, am gegenüberliegenden Ufer, schauen wir einer Wolke beim Abregnen zu. Sie zieht schnell von Südwest nach Nordost zusammen mit den Wellen den See hinunter und schiebt starke Windböen vor sich her, die wir ebenfalls abkriegen und meine Bemühungen, den Kurs zu halten, zusätzlich sabotieren. Ausserdem sorgen beide Kräfte für Abdrift, der mit weiteren Kurskorrekturen entgegengewirkt werden muss. Wir entscheiden, weiter nach Süden zu fahren und so hinter die Wolke zu kommen.
Mit Erreichen der Seemitte ändern wir zügig den Kurs um 90° nach Links, sprich Osten, und erhöhen die Geschwindigkeit. So fahren wir den Wellen in einem 45°-Winkel davon. Aber auch hier ist harte Arbeit am Ruder notwendig, weil die Wellen nun mal schneller sind und uns in Querlage herumwerfen wollen. Trotzdem ist dieser Kurs deutlich angenehmer, weil das Stampfen entfällt. Um Fischernetzen auszuweichen, drehen wir nochmal mit reduzierter Geschwindigkeit nach Süden und später ein letztes Mal nach Osten. Auf dem letzten Stück hat der Wind schon deutlich nachgelassen und die Wellenhöhe abgenommen, so dass wir mehr oder weniger direkt auf unseren Heimathafen zulaufen können. Nach 75minütiger Zick-Zack-Fahrt erreichen wir so die Hafeneinfahrt. Das hat sich jetzt richtig dramatisch angehört, nicht wahr? In der Realität ist es einfach nur lästig, mehr nicht 🙂

Wir fahren direkt zur Absaugstation und verschenken unser buntes Wasser an die örtliche Kläranlage. Unser Gepäck brauchen wir nur noch beim Kran abzustellen. Lydia flitzt mit dem eScooter zum Parkplatz und holt den Wagen, während ich schon mal Blachen verschliesse und das Schiff zum Versorgen klar mache. Schnell ist unser Gepäck im Auto verstaut. Ein letztes Mal lösen wir die Leinen und fahren an unseren Liegeplatz. Festmacher einhängen, Landstrom einstecken, am Schiff diverse Kugelhähne schliessen, Systeme ausschalten, ein Kontrollblick in die Runde. Dann verschliessen wir alle Zugänge und verlassen unsere schwimmende Behausung auf unbestimmte Zeit.

Auf der Heimfahrt machen wir noch einen kleinen Umweg. Sowohl Ingo als auch der Werftchef hatten mir unabhängig voneinander geraten, unserem Motor einen frischen Luftfilter zu spendieren. Dieses Teil gehen wir noch schnell bei einem Händler abholen. Eingebaut wird es ein Andermal.

Danach führt uns der Weg in den Supermarkt, um uns für das restiche Wochenende zu versorgen. Um 16:30 Uhr fahren wir zuhause in unsere Garage ein, räumen den Wagen aus und schliessen somit unseren Urlaub offiziell ab. Werden wir diese Reise wiederholen? Haha.
Natürlich. Schliesslich können wir jede freie Minute auf unserem Boot verbringen. In einer grosszügigen Autostunde sind wir da. Alle Orte, die wir die letzten 2 Wochen bereist hatten, waren uns nicht fremd. Es gibt aber immer wieder neue Kleinigkeiten zu entdecken, leckere Restaurants zu erkosten und nette Menschen kennenzulernen. Ausserdem ist durch die Umstände aus dem 3-Seen-Land-Urlaub einer mit 2 Seen geworden. Eigentlich wollten wir dieses Jahr die Hauptzeit im Bielersee verbringen, weil es dort weit mehr Plätze gibt, die wir bisher noch nicht erkundet haben. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Und dann gibt es auch einen neuen Blog mit neuen Langweiligkeiten, versprochen.
Heute ist Sonntag, also quasi Tag 17. Die letzten 4 Tage dieses Blogs habe ich heute anhand von Notizen getippt, damit dieses Werk vor Urlaubsende noch fertig wird. Ich bedanke mich bei allen, die unsere Reise mitverfolgt haben. Heute geniessen wir den sonnigen Tag auf unserer Terrasse und bewundern das Alpenpanorama, das Dank der niedrigeren Luftfeuchtigkeit klar zu sehen ist. Der Herbstbeginn hat auch seine guten Seiten.


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Tag 15 – Creux du Van
Eine Seefahrt ist zwar lustig, aber nur bei Sonne und – in unserem Fall – wenig Wind schön. Dieser Morgen kann uns bisher weder das Eine noch das Andere bieten. Der Himmel ist bewölkt und ein fieser, kühler Wind von Südwesten zieht durch alle Klamotten bis auf die nackte Haut. Es soll aber im Tagesverlauf Aufhellungen mit sonnigen Abschnitten und 21° geben. Nicht unbedingt Bedingungen, um in absolute Begeisterungsstürme auszubrechen, aber das ist eh nur eine Frage der Kleidung und der Organisation.

Deshalb werden wir heute eine kleine Bergwanderung auf dem 1435m hohen Le Soliat unternehmen. Man beachte den Dativ, wir werden nicht etwa auf diesen Berg hochkraxeln – seid Ihr verrückt?! – sondern oben drauf herumwandern. Die Distanz zwischen unserem Liegeplatz und dem Berggipfel überbrücken wir auf andere Weise. Ausserdem ist nicht der Aufstieg interessant, sondern das, was oben auf dem Hochplateau zu sehen ist.
Wir packen also unseren Rucksack mit ein paar bergfesten Klamotten und ziehen uns wärmer als für die Jahreszeit üblich an. Lydia ist vernünftiger als ich und nimmt zusätzlich ihre hochseetaugliche Segeljacke mit. Für die Hinreise buchen wir einen Uber.
Unser Schofför ist ein bärtiger Rocker, der an jedem Finger einen fetten Ring trägt und auf den Namen Sébastien horcht. Er fährt ein ganz offizielles Taxi, welches offenbar auch Aufträge via Uber entgegennimmt. Dem Zustand seines Fahrzeugs nach zu urteilen, wohnt er darin. Nach der Begrüssung und Verladung unseres Gepäcks geht es los, auf Sébastien’s ganz persönlichen Highway to Hell. Zunächst ganz harmlos über die Autobahn. Von Weitem ist schon das von uns angesteuerte Ziel sichtbar, allerdings von einer bedrohlich schwarzen Wolke umrahmt. Wir verlassen die Autobahn in Richtung Bergstrasse. Mit steigender Höhe wird der Weg immer ruppiger. Grosse Schlaglöcher tun sich auf, die unseren Fahrer zu einer gemässigteren Fahrt zwingen. Obendrauf beschlagen alle Scheiben, da offenbar die Belüftung nicht mehr funktioniert. Mit offenen Scheiben geht die Fahrt weiter. Unterwegs überquert ein Rehbock die Strasse. Ein kurzes Stück lang fahren wir durch die zuvor gesichtete Wolke, die aber nur an der Ostseite des Berges anhaftet. Wir fahren nach Südwesten, bis wir unser Ziel, den Parkplatz des Bergrestaurants Le Soliat, erreichen. Feierlich übergibt uns Sébastien unser Gepäck und wir spendieren ihm ein Trinkgeld als Anzahlung für eine Reparatur der Lüftung.
Es ist zugig hier oben und es herrschen gerade mal 9° Aussentemperatur. Wir setzen uns zuerst einmal auf ein Getränk hin. Die Wolken werden vom Wind schnell vorangetrieben. Zwischendurch reissen sie auseinander und gönnen der Sonne Platz, auf das sie wohltuend auf uns herniederscheint. Trotzdem ist der Wind stärker und wir ziehen alle Klamotten an, die wir mitgebracht haben, inklusive Hals- und Kopftücher für um die Rübe herum.
Dann Aufbruch, wir marschieren ein paar hundert Meter nach Norden und kommen direkt an’s Ziel unseres Ausflugs, dem Felsenkessel Creux du Van. Der etwa 1 km durchmessende Halbbogen aus 200 Meter hohen, steil abfallenden Felswänden ist durch Erosion und Gletscherbewegung in der letzten Eiszeit entstanden und ist ein beliebter Ausflugsort. Auch heute sind zahlreiche Besucher unterwegs, obwohl erst Freitag ist.

Darunter führt ein Tal nach Nordosten in Richtung Neuenburger- und Bielersee. Auch der Chaumont, auf dem wir vor ein paar Tagen waren, ist zu erkennen. Die Sicht ist erfreulicherweise gut, da die Wolken ein Stück höher dahingleiten. Wir wandern an den Steilwänden entlang nach oben zur Gipfelhöhe. An mehreren Stellen können wir ganz dicht an den Abgrund treten und Fotos aufnehmen. Nichts für Menschen mit Höhenangst. Also wie meiner einer zum Beispiel. Trotzdem gelingen uns ein paar hübsche Aufnahmen. Wir verweilen rund 2 Stunden in der Umgebung, bevor wir uns an den Abstieg machen.



Und auch diesen werden wir nicht zu Fuss unternehmen. Dafür haben wir unsere eScooter mitgebracht und beim Restaurant zurückgelassen. Der grösste Teil der Strasse ist asphaltiert und um die Schlaglöcher herum können wir mit unseren 2 Rädern besser manövrieren als mit 4. Die Strecke zieht sich über 20 km hin und überwindet 1000 Höhenmeter mit einem mehr oder weniger gleichmässigen Gefälle. Nur bei den gelegentlichen Weiderosten müssen wir absteigen, um nicht zirkusreife Überschläge zu fabrizieren. So geht es vorbei an Feldern, Weiden und Wäldern, an putzigen Ferienhäuschen und an allerlei Getier wie Kühen, Esel und Pferden. Dazwischen findet sich immer wieder ein Aussichtspunkt über den Neuenburgersee.

Mit tieferen Lagen wird es auch immer wärmer. Trotzdem pfeift auch hier immer noch der eisige Wind. In der Auberge du Plan-Jacot kehren wir für ein warmes Getränk und eine Wurstplatte ein.
Irgendwann erreichen wir urbanes Gebiet mit gut ausgebauten Fahrradwegen, die an Weinbergen und hübschen Villen vorbeiführen. Im Dorf Boudry halten wir bei Coop, um ein Brot für morgen zu kaufen. Ich bin auf dem Weg zur Kasse, als der Typ 10m vor mir ohne zu bezahlen zum Ausgang rausläuft. Der Kassierer ist fassungslos, ruft sofort seine Kollegen zusammen, die hinterherrennen. Ob sie ihn erwischt haben, weiss ich nicht. Solche Szenen sollen hier aber laut Aussage des Kassierers öfters mal passieren.
Auf der letzten Etappe machen wir in Colombier nochmal einen kleinen Abstecher zum See und entdecken das Restaurant Robinson direkt am Strand, welches wir noch nie zuvor gesehen haben, obwohl wir öfter schon per Schiff vorne durchgeschippert sind. Der Spot ist schon mal bei uns für eine nächste Gelegenheit abgespeichert.

Etwas müde erreichen wir unseren Dampfer. Bei einem Ricard und einem Rosé chillen wir auf dem Achterdeck. Danach gönnen wir uns eine wellnessverdächtige, belebende Dusche, ziehen uns ausgehfein an und gehen die paar Schritte ins benachbarte Restaurant Le Croquignolet – zu Deutsch «Das Niedliche» – wo für uns ein Tisch am Fenster reserviert ist. Der Name ist Programm, der Gastraum umfasst nur etwa 8 Tische. Bei warmer Witterung gibt es draussen das x-fache an Sitzplätzen, aber da der Sommer bekanntlich vorbei ist, sind diese Plätze nicht besetzt. Wir geniessen den Ausblick auf den See von der guten Stube aus.


Serviert werden kreolische Spezialitäten. Wir starten mit 2 Caipirinhas, steigern uns zu einem angebratenen Thunfisch-Carpaccio, erhöhen auf niedergegarte Hähnchenkeulen mit Salat und Fritten und schliessen mit einer gebratenen Ananas an karamelisierter Salzbutter mit Vanilleeis ab. Dazu ein köstlicher Neuenburger Gamaret-Garanoir-Assemblage aus dem Barrique. Die Bedienung ist sehr charmant und das Essen ein Traum. Wir fühlen uns rundherum wohl.

Mit einem kleinen Verdauungsspaziergang kehren wir zum Schiff zurück. Wir haben den restlichen Wein vom Restaurant mitgenommen und lassen mit seiner Hilfe den Abend auf dem Achterschiff ausklingen, bevor wir mit der Nachtruhe den heutigen Tag beschliessen.
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Tag 14 – Neuchâtel
Die nächtlichen Regenfälle waren intensiv, aber unser Boot ist nach wie vor wasserdicht, von unten wie von oben. Nachteilig an der ganzen Sache ist der Umstand, dass die Temperaturen purzeln. Meine fünf Shorts im bordeigenen Kleiderschrank habe ich wohl für umsonst mitgenommen. Dafür mangelt es nicht an Ausreden, länger im Bett liegen zu bleiben und Stories für den Blog zu schreiben. Noch immer ist mein Rückstand gross.

Der guten Ordnung halber wechseln wir später vom Bett in die gemütliche Stube. Wer kennt nicht das heimelige Gefühl, drinnen zu sitzen, während draussen der Regen fällt? Eben.

Ich mache noch einen Abstecher in den Maschinenraum. Habe ich doch noch soeben völlig leichtsinnig behauptet, unser Schiff wäre dicht und dabei den gestrigen Wassereintritt in unsere Bilge vergessen. Das verbrecherische Teil ist schnell abgeschraubt und inspiziert. Laut Dokumentation des Herstellers ist dieser Belüfter gelegentlich zu warten, indem man ihn aufschraubt, die Innereien unter fliessendem Wasser reinigt, mit Teflonspray besprüht und wieder zusammenschraubt. Nichts leichter als das. Nach einer Dichtigkeits- und Vakuumkontrolle ist das gute Stück wieder einsatzbereit.


Zeit für Mittagessen, Zeit für das «berühmte Fondue» von Auvernier. Die gestern erworbene Mischung ist vollständig und erfordert nur die Zugabe von 2 dl Weisswein. Lydia hilft noch etwas mit Knoblauchstücken sowie Kirschwasser nach und lässt die Mischung auf dem Herd langsam cremig werden. 10 Minuten später können wir uns davon überzeugen: dieses Fondue ist erstklassig und darf seinen rühmlichen Titel zu Recht weiterhin behalten. Auf dass wir es jetzt noch ein kleines bisschen berühmter gemacht haben.

Wir nutzen ein regenfreies Zeitfenster für einen kleinen Ausflug in die Kantons-Hauptstadt. Eine Tram namens «Littorail» fährt in direkter Nachbarschaft zum Hafengelände nach Neuchâtel. Allerdings mit Hindernissen. Auf halber Strecke bleibt die Karre an einer Station länger stehen als notwendig. Irgendwann tritt der Schofför aus seinem Kabuff und erklärt, dass alle aussteigen sollen. Wenige Minuten später fährt eine zweite Tram auf dem Geleise daneben ein, in die wir einsteigen.

Weiter geht’s, aber nur bis zur vorletzten Haltestelle, wo die Bahn wieder keine Anstalten macht, weiterzufahren. Statt dessen warten verdächtig viele Leute darauf, einsteigen zu können. Unser Sitznachbar gibt uns zu verstehen, dass wir aussteigen müssen. Draussen stehen Angestellte der städtischen Verkehrsbetriebe in orangen Westen herum. Wir wollen das letzte Stück an der Seepromenade entlang spazieren. Dort versucht uns eine Angestellte mit 2000 französischen Wörtern pro Minute zu erklären, dass das nicht geht und wir ihrer Kollegin entlang der Hauptstrasse folgen sollen, Wir versuchen ihr scherzhaft und in gebrochenem Französisch zu verstehen zu geben, dass wir als Touristen das dringende Bedürfnis haben, so viel Zeit wie möglich in See-Nähe zu verbringen. 2000 Worte später wissen wir definitiv, dass das eben nicht geht. Aus Gründen.
Besagte Kollegin und Westenträgerin marschiert also voraus. Wir und einige andere Fahrgäste hinterher. Müssen wir Zweierkolonnen bilden und uns an den Händen halten? Wir wissen es nicht. Allerdings ist zu sehen, dass da vorne an der Endstation viele Fahrzeuge mit blitzenden Lichtern herumstehen. Bald kommen Absperrbänder in Sicht. Ein grosses Aufgebot der Feuerwehr und der Polizei ist überall präsent. Autos werden umgeleitet. Ein kapitaler Unfall? Wir kümmern uns nicht weiter drum. Unser Leitmädchen biegt nach links ab, wir gehen geradeaus weiter in Richtung Innenstadt. Auf der Place Du Marché setzen wir uns an einen Ecktisch der Prestige Bar und ordern 2 Piña Colada sowie eine Vegiplatte aus Frühlingsrollen, Samoussas, fritierten Zwiebelringen, Mozzarella-Sticks sowie knusprigen Süsskartoffel-Fritten. Bei Schlürf und Mampf bewundern wir das Strassenbild.

Neuchâtel hat ein besonderes Flair. Durch den hohen Einwandereranteil sind hier viele Kulturen der Welt zuhause. Ausserdem beherbergt Neuchâtel mehrere Universitäten und Fachhochschulen, die für ein junges Publikum in den Strassen sorgen. Entsprechend abwechslungsreich und jugendlich ist das Angebot an Waren und Dienstleistungen, seien es Restaurants, Bars, Boutiquen, Feinkostläden, Coiffeursalons oder Tattoostudios. Bei einem der Letzteren steht auf einer handgeschriebenen Tafel: «Ob Du jetzt sofort ein Tattoo machen lässt oder erst später, Deine Mama wird so oder so enttäuscht von Dir sein». In den Gassen herrscht eine lässige Stimmung und trägt zum Urlaubsfeeling bei. Wir kommen immer wieder gerne hierher.


Sehenswert sind auch das Schloss und die Kirche hoch oben auf dem Hügel. Für unseren heutigen Besuch sparen wir uns das aber. Der Rückweg führt uns am Hafen «Beau Rivage» mit seinen Kursschiffen vorbei, dann der Seepromenade entlang in Richtung der Place Pury, wo wir die Littorail für die Rückfahrt nach Auvernier besteigen wollen.

Weit gefehlt, kurz vor dem Platz ist auch hier Absperrband gespannt. Die meisten Einsatzfahrzeuge sind abgezogen, aber es stehen immer noch Sicherheitskräfte an verschiedenen Strassen und Unterführungen Wache. Wir werden wohl wieder den gleichen Weg zurück zur übernächsten Station gehen müssen. Dort fährt bei unserer Ankunft auch schon die nächste Bahn ein und schon bald können wir unsere Rückreise antreten. Während der Fahrt fällt uns auf, dass niemand ausser uns auf den See hinausgötzt. Es ist wie überall, nichts ist uninteressanter als das, was tagtäglich vor unserer Nase liegt.
Später erfahren wir, dass in der Tiefgarage unter der Place Pury ein Fahrzeug in Brand geraten ist. Es wird extra und in Kursivschrift darauf hingewiesen, dass es sich um kein Elektrofahrzeug gehandelt habe. Also ein Verbrenner, im wahrsten Sinne des Wortes. Das Feuer konnte zwar schnell gelöscht werden, aber wegen der Gefahr einer beeinträchtigten Statik dürfen weder Autos noch die Littorail diesen Bereich überfahren, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind. Von der Tramstation zum Schiff spazieren wir durch eine kleinen Teil des Parks von Auvernier, der sich über 1.5 km am See entlang ausdehnt.

Nur wenige Minuten, bevor wir unsere Eisensau erreichen, setzt Regen ein und wir müssen tatsächlich auf die letzten Schritte noch unsere mitgeführten Schirme hervorkramen. Es ist 18:30 Uhr. Wir sind sehr müde. Durch den Apéro in der Prestige Bar sind wir auch nicht besonders hungrig. Wir liegen ein wenig auf dem Achterschiff herum und hören dem Regen zu. Ich montiere noch das Belüfterventil an seinen angestammten Platz im Maschinenraum und gönne mir eine Dusche. Danach gehen wir früh zu Bett.
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Tag 13 – Batterien
Morgens gegen 8 Uhr krabbeln wir ausgeschlafen aus dem Bett und machen Ordnung im Stall. Heute werden die neuen Batterien geliefert und da soll alles tiptop sauber sein. Anruf bei der Werft. Sie wissen bereits Bescheid, dass wir im Hafen liegen und werden in 20 Minuten bei uns vorbeischauen. Grade genug Zeit, um beim Hafenmeister die Zeche zu bezahlen und am Schiff die Steuerbord-Blache zu entfernen.
Die Kollegen kommen zu zweit per Pneulader angefahren, mit dem sie eine Palette transportieren. Darauf liegen hübsch aufgereiht 4 Mastervolt Bleigel-Batterien mit je 200 Ah Kapazität bei 12 Volt. Stückgewicht 70 Kg. Die Palette wird durch die blachenfreie Seite auf Oberdeck-Niveau gehoben, so dass die Batterien einigermassen komfortabel an Bord genommen werden können.
Damit ist auch erstmal Ende mit Komfort, denn ab jetzt ist reine Handarbeit gefragt, um die die beiden Herren wahrlich nicht zu beneiden sind. Es fallen Aussagen wie «Frühgymnastik» und «hätte ich bloss was Anständiges gelernt», während ein Satz alter Batterien nach draussen und frische Batterien nach drinnen gewuchtet werden. Nach einer halben Stunde ist dieser Teil der Übung abgeschlossen. Der Werftchef stellt jetzt die elektrischen Anschlüsse her, während ich mich als Beleuchter und Werkzeug-Fee nützlich mache.
Nebenher macht er mich auf ein Belüfterventil aufmerksam, welches Unterdruck im Kühlwassersystem verhindert. Dieses hat einen Überlauf, über den gelegentlich ein paar Tropfen See-Wasser in einem Kanister aufgefangen werden. Merkwürdig, der Kanister ist voll, wo ich den doch sonst maximal 1x im Jahr leeren muss. Er schärft mir ein, dass da viel zuviel Wasser rausläuft, dass das Ventil defekt sei und ersetzt werden muss. Ich mache mir dazu eine gedankliche Notiz, während ich den Kanister leere.

Irgendwann ist der Auftrag erledigt, die Anschlüsse sitzen fest und wir verfügen wieder über die technische Fähigkeit, Strom für mehrere Tage an Bord mitzuführen. Es gibt für uns keinen Grund mehr, weiter in Vallamand zu verweilen. Ein revierwechsel ist angesagt und so lösen wir nach dem Frühstück die Leinen. Zur Absauganlage brauchen wir nicht zu verholen, die ist immer noch kaputt. Nach kurzer Zeit sind wir wieder auf offenem Gewässer unterwegs.
Auf dem See ist nach dem gestrigen Unwetter wieder Ruhe eingekehrt. Nur die hin und wieder an der Oberfläche vorbeitreibenden Pflanzenteile zeugen vom Inferno. Es herrschen optimale Badebedingungen. Nicht zuletzt deshalb, weil wir derzeit das einzige Schiff auf dem ganzen See sind. Die Wasseroberfläche ist ein Spiegel und es herrscht kaum ein Geräusch. Selbstredend, dass wir uns hier einen ausgedehnten Badestopp gönnen.
Wenn man einen ganzen See für sich alleine hat. Danach Weiter- sowie Einfahrt in den Broyekanal. In den Bäumen sammeln sich die Zugvögel und das Laub lichtet sich langsam. Es lässt sich nicht mehr verheimlichen, dass der Herbst stetig Einzug hält. Ein bisschen Wehmut macht sich bei uns breit, denn die Saison war dieses Jahr durch den Kälteeinbruch leider sehr kurz.



Auf dem Neuenburgersee herrscht ein bisschen Wind, aber das Wasser ist immer noch ruhig und einladend. Wir geniessen auch hier die Einsamkeit zum Baden, auch wenn in der Ferne das eine oder andere Schiff zu sehen ist. Bei seiner Grösse kriegt man im Neuenburgersee aber so oder so das totale Infinity-Pool-Erlebnis.
Die kommenden Tage werden wieder von Regen und kühleren Temperaturen dominiert sein. Es stehen zwei Optionen zur Wahl: entweder in unserem Heimathafen anlegen und von dort mit dem Auto Ausflüge machen oder nochmal versuchen, in Auvernier an der Westküste einen Gästeplatz zu ergattern. Von dort können wir das Juragebirge und die Stadt Neuchâtel gut erreichen und das ist am Ende auch das ausschlaggebende Argument. Auf nach Auvernier.
Wir unternehmen unterwegs nochmal einen Badestopp. Kurz darauf zieht der Wind plötzlich kräftig an, und was vorher noch ein Spiegel war, wird zunehmend von immer höheren Wellen durchwühlt. Als wir die Hafeneinfahrt von Auvernier erreichen, haben sich die Wellen bereits auf 50cm aufgebaut und erfordern etwas mehr Aufmerksamkeit am Ruder, um den Kurs zu halten.

Im Hafen sind sämtliche Gästeplätze frei. Wir können also zuerst einmal ganz gemütlich die Absauganlage benutzen. Routinemässig gehe ich den vorderen Grauwassertank in Achterlichen umpumpen, weil von da besser abgesaugt werden kann. Beim betreten des maschinenraums stelle ich fest, dass Wasser in der Bilge – das ist die tiefste Stelle im Schiff – steht. Ungewöhnlich, wenn auch nicht sonderlich schlimm, da eine Pumpe automatisch anläuft, wenn es zuviel wird. Schnell stelle ich fest, dass der Auffangkanister vom Kühlsystem schon wieder voll ist. Übervoll, was den Wasserstand in der Bilge erklärt. Der Übeltäter ist natürlich das Belüfterventil. Es muss in den vergangenen Tagen das Zeitliche gesegnet haben. Ich unterstreiche meine zuvor gemachte, gedankliche Notiz.
Entspannt machen wir uns an der Mole, direkt neben dem Stromverteiler, breit. Schliesslich brauchen unsere frischen Batterien noch ein bisschen Saft und die Elektronik muss sich neu kalibrieren, was durch den Ladevorgang automatisch geschieht. So brauche ich nur ein kurzes Stück Kabel zu verlegen und bin viel früher bereit für den Hafentrunk. Danach Anmeldung beim Hafenmeister. Der Gästeplatz kostet die ersten 4 Nächte nichts. Nur für den Strom müssen wir CHF 5.- pro Nacht berappen. Die sanitären Anlagen sind während 23 Stunden pro Tag geöffnet und es gibt in kurzer Gehdistanz Container für die Müllentsorgung. Kein Wunder, ist dieser Hafen an den Wochenenden immer gut belegt. Einzig störend ist die Autobahn, die direkt am Gelände vorbeiführt und eine gewisse Lärmkulisse erzeugt.
Wir packen unsere eScooter aus und fahren ins Dorf zum Einkaufen. Der Dorfladen wirbt mit seiner «berühmten Fonduemischung» und wir lassen uns zum Kauf einer Portion hinreissen. Das wollen wir doch mal sehen, ob diese unsere bisher bewährte Mischung der Käserei Jaggi, gepaart mit dem Verfeinerungs-Genie von Lydia, toppen kann!
Zurück auf dem Schiff geben wir uns der Gemütlichkeit hin. Schon bald setzt Regen ein. Lydia bereitet das zNacht vor und ich versuche, meinen Rückstand beim Blog Schreiben aufzuholen, der schon auf 4 Tage angewachsen ist. Offenbar sind wir einfach sehr gut beschäftigt, so dass die ganz am Anfang dieser Geschichte angedrohte Langeweile einfach nicht so richtig aufkommen will.
Aber zurück zu den zNacht-Vorbereitungen. Heute gibt es nochmal Riesenkrevetten und Jakobsmuscheln, ergänzt mit einem schönen Lachsfiletstück vom Grill. Abgerundet wird das Menü mit Bratkartoffeln und einem Tomaten-Mozzarella-Salat. Dazu ein kräftiger Zinfandel-Rotwein aus dem kalifornischen Nappa-Valley. So geniessen wir unser Festmahl, während draussen heftiger Regen die Geräuschkulisse der Autobahn übertönt.

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Tag 12 – Avenches
Eine herrlich ruhige Bilderbuch-Ankernacht liegt hinter uns. Ganz dem Ferienprotokoll verpflichtet bleiben wir heute ein bisschen länger im Bett liegen. Natürlich nur so lange, bis der erste Kaffeedurst sich meldet. Und natürlich sind unsere Batterien wieder schlapp, was ein Starten des Generators unumgänglich macht.
An Deck begrüssen wir Robi. Uns fällt auf, dass der Generator-Auspuff weissen Rauch ausstösst. Und da bei uns an Bord für gewöhnlich keine Papstwahl abgehalten wird, ist das kein positives Zeichen. Sowas deutet auf Wasser im Brennraum und damit eine gerissene Zylinderkopfdichtung hin. Könnte. Es gibt noch andere, weit weniger dramatische Ursachen. Solange das Teil noch keine Schrauben rausspuckt, lassen wir es laufen.
Nach dem erfrischenden Morgenbad bereitet Lydia ein leckeres Frühstücksplättli zu. Danach machen wir unsere Kähne klar zum Ablegen, denn heute fahren wir gemeinsam in den Murtensee. Zuerst lösen wir die Leinen der «Miranda». Robi fährt vor unseren Bug, damit wir bei der Gelegenheit sein Ankerlicht ganz oben auf dem Mast Zwecks späterem Ersatz inspizieren. Bei liegendem Mast ist das praktischer, anstatt ihn in aufgestelltem Zustand hochklettern zu müssen. Wir machen mehrere Fotos, auch vom Innenleben. Danach fährt Robi los.

Wir ziehen unseren Anker ein. Langsam holen wir den Vorsprung von Robi auf, bis wir im Broyekanal freundlich vorbeiziehen.
Wie immer ist die Kanalfahrt ein besonderes Highlight. Die Sonne scheint, es ist wieder angenehm warm und wir geniessen die Natur, die im gemächlichen Tempo an uns vorbeizieht. Im Murtensee angekommen, stellen wir die Maschine aus, um erneut ein kühlendes Bad zu nehmen. Robi geht unterdessen vor Anker, um den Mast seiner «Miranda» wieder betriebsbereit zu machen.
Für uns geht die Fahrt alsbald weiter, in den Schilfgürtel vor Avenches. Da heute der schönste Tag der Woche ansteht, werden wir uns auch heute ein nettes Ankerplätzchen einrichten. Ausserdem wird sich unsere Freundin Käthi zu uns gesellen. Sie logiert derzeit auf dem Campingplatz von Avenches. Deshalb ist die Wahl des Ankerplatzes kein Zufall.
Dort ankern ist für uns etwas tricky. Die Sandbank steigt steil auf. Wenn unter dem Bug, wo der Anker ausgebracht wird, noch 6m Wasser sind, könnten wir mit dem Heck bereits eine Furche in den Dreck ziehen. Der Tiefenmesser ist hier auch nur bedingt hilfreich, weil er in der Schiffsmitte montiert ist. Sorgfältig fahre ich rückwärts in Richtung Ufer, während Lydia die Ankerwinsch bedient. Irgendwann spannt sich die Ankerkette. Anker hält, alles gut.

Nicht lange danach kommt auch Robi mit der «Miranda» nach. Das Andockmanöver gelingt wieder auf Anhieb und auch diesmal haben wir uns unseren Ankertrunk redlich verdient. Zwischenzeitlich kommt nochmal der Generator zum Einsatz, ohne weissen Rauch zu produzieren. Kühlwasser-Niveau ist auch unverändert, also vermutlich nur Kondenswasser am frühen Morgen in der Abgasleitung. Puh!
Lydia springt ins Wasser – und kann stehen! Ich springe nach und stelle Ähnliches fest. Was mir gar nicht gefällt. Ich wate am Schiffsrumpf entlang und es will nicht tiefer werden. Ein weiteres Indiz: normalerweise richtet sich ein Schiff vor Anker zum Wind hin aus. Wir aber stehen quer zum Wind. Klarer Fall: wir liegen mit dem Kiel auf dem sandigen Untergrund auf. Vermutlich so sanft, dass es bei der Rückwärtsfahrt nicht aufgefallen ist.
Wir klettern wieder an Bord. Das Manöver muss wiederholt werden. Zuerst Anker hoch, dann zwei Schiffslängen vor, Anker wieder runter. Die «Miranda» bleibt an unserer Steuerbordseite festgebunden und kommt praktischerweise mit. Ich spüre jetzt auch den Widerstand, als wir uns langsam aus der Sandbank befreien. Am Bug verändert sich die Wassertiefe dramatisch und wir müssten viel mehr Kette auslegen. Ein Dilemma, weil wir dadurch natürlich wieder näher zum Ufer und damit in seichteres Wasser kämen. Für den Moment reicht es erstmal.
Käthi reserviert für uns vier einen hübschen Platz für’s zNacht in der Camping-Beiz. Danach hole ich sie per Beiboot im Hafen ab. Lydia hat bei unserer Ankunft schon das nächste Plättli im Arsenal.

Den Rest des Nachmittags verbringen wir mit Baden, Plaudern und Apéro. Bis jemand nebenher nach den Wetterprognosen fragt.
In dieser Region sind Wetterprognosen oft irgendwo zwischen Wissenschaft und Glaskugel angesiedelt. Wenn Sturm und Regen angesagt sind, brechen wir erfahrungsgemäss nicht mehr in Panik aus. Doch diesmal sind sich 2 von 3 Modellen einig, Böen bis zu 60 km/h Wind und starker Regen, es wird wüst werden. Überzeugend.

Wir ändern kurzerhand unsere Pläne. Robi bringt zuerst Käthi an Land und danach sein Schiff an seinen Hafenplatz. Wir ziehen den Anker und verholen nach gegenüber in den Hafen von Vallamand, wo wir wegen dem Batteriewechsel eh hin müssen. Danach treffen wir uns alle in der Camping-Beiz. Los geht’s.
Beim Anker einziehen merke ich, wie leicht sich dieser vom Grund löst. Bei starkem Wind hätte dieser nie gehalten, die Entscheidung ist also schon mal nicht falsch. Die Überquerung nach Vallamand dauert 20 Minuten. Während der Fahrt bereitet Lydia alles vor, damit wir in Rekordzeit anlegen festmachen, alle Verdecke und Planen wettersicher befestigen, uns umziehen und mit einem gepackten Rucksack gen Avenches abdüsen können. Mit unseren eScootern umrunden wir den See und treffen früh genug ein, um uns im Duschbereich frisch machen zu können. Lydia hat alles Notwendige eingepackt, so dass wir uns kurz darauf ausgehfein bei Käthi am Camper einfinden können.
Robi ist auch schon da. Nach einem Apéro verschieben wir ins Camping-Restaurant. Wir bekommen die besten Plätze mit Blick auf den Strand und auf den See. Trotz eines Dienstags sind alle Tische belegt. Das Essen ist lecker, die Bedienung freundlich und die Witterung angenehm.

Bis plötzlich starke Windböen einsetzen. Innerhalb einer Minute ist die gemütliche Stimmung verflogen. Alle eilen in’s innere des Restaurants. Wir und ein paar andere Gäste helfen der Belegschaft, die Markisen einzuziehen, Sonnenschirme einzusammeln und Tischutensilien nach drinnen zu befördern. Robi ist mit Käthi zu ihrem Camper geeilt, um dort das Gleiche zu tun. In der Zwischenzeit setzt Regen ein. Wir klopfen uns innerlich auf die Schulter, dass wir unsere Schiffe zeitig in den Häfen versorgt haben.
Für unseren Abend tut das keinen Abbruch. Ein kleines Dessert hat in jeder Situation Platz. Später beim Zahlen eröffnet uns die Bedienung, dass der Wein aufs Haus geht, als Dank für unsere Hilfe vorhin. War doch selbstverständlich und wir freuen uns über diese nette Geste.
Mit den Trottis im Regen nach Vallamand zurückfahren ist im Regen keine erbauliche Erfahrung. Deshalb hat Käthi bereits im Vorfeld Campingfreunde organisiert, die uns mit ihrem Auto zurückfahren werden. Wir sind sehr dankbar für dieses noble Angebot. So kommen wir beinahe trocken in unserer Blechhütte an, reif für’s Bettchen nach diesem ereignisreichen Tag.
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Tag 11 – La Tène
Heute morgen werden wir von Sonnenschein begrüsst. Wir gehen den Tag wieder einmal gemütlich an. Zuerst die Bettläuse vertreiben, dann eine kleine Katzenwäsche und den ersten Kaffee. So müsste eigentlich jeder Montag sein.
Der Wind hat vollständig abgestellt und es verspricht, ein schöner, warmer, sonniger Tag zu werden. Perfekte Aussichten zum Ankern also. Doch zuerst müssen wir ein paar Einkäufe tätigen. Unsere E-Scooter bringen uns zuverlässig in ein nahegelegenes Einkaufszentrum, wo wir alles Notwendige an Fleisch, Gemüse, Fisch, Milchprodukten, Wein, Rum und Kaffee besorgen können, um das anstehende Abenteuer zivilisiert überstehen zu können.
Zurück im Hafen bezahlen wir CHF 16.- für die Übernachtung und bunkern 500 Liter Frischwasser. Danach verabschieden wir uns von Beatrice und Hanspeter, die wieder den See aufwärts schippern wollen. Wir genehmigen uns ein kleines Frühstück an Bord, bevor wir ebenfalls den Hafen von Saint-Blaise verlassen.
Unsere Reise führt uns nur ein kurzes Stück um’s Eck in die Bucht von La Têne. Ein beliebter Ankerplatz, weil man hier gut vor nördlichem Wind geschützt ist. Wir werden dort bereits von unserem Freund Robi erwartet, der heute früh mit seiner Segelyacht vom Murtensee durch den Broyekanal hierher gefahren ist.
Normalerweise würde so ein Unterfangen für ein Segelboot wegen des Mastes spätestens bei der ersten Brücke scheitern. Nicht so für Robi, weil er den Mast auf seinem Schiff mit ein paar Handgriffen ablegen und später wieder aufrichten kann.
So ist seine «Miranda» für uns schon von Weitem leicht anhand ihres abgelegten Mastes zu erkennen. Wir werden im Päckchen Ankern, das heisst, ein Schiff legt den Anker aus und das andere macht an diesem fest. Da wir den schwereren Anker haben, fällt uns die erste Rolle zu.
Das sind dann gleich mehrere Manöver in Einem, die wir natürlich gebührend mittels Ankertrunk feiern.

Die Wetterprognose hat nicht zuviel versprochen. Die Temperaturen sind einfach herrlich, die sowohl im Wasser als auch in der Luft bei 24° liegen. Dazu kommt, dass die Bucht einen sandigen Untergrund hat, der das Wasser türkisfarben erscheinen lässt und ein karibisches Flair erzeugt. Nur zwei Schiffslängen hinter uns nimmt die Wassertiefe ab, so dass man im Sand stehen kann. Das Ganze im Süsswasser, also besser geht es wirklich nicht.
Später machen wir unser Beiboot für einen Landspaziergang klar. Ein Pfad führt durch den Park des psychiatrischen Klinikums Neuchâtel direkt am Seeufer. Wir lernen, dass mit den Gewässerkorrekturen vor 100 Jahren der Wasserspiegel um rund 2m abgesenkt wurde. Dies hatte zu bedeutenden archäologischen Funden aus der Bronze- und Eisenzeit hier an dieser Stelle geführt.


Wir bewundern mehr die stolzen Bäume und die Aussicht auf den See. Danach testen wir die Getränke im Restaurant La Tène, welches zum ebenfalls hier ansässigen Zeltplatz gehört.
Zurück auf den Booten widmen wir uns dem Schema F: Baden, Apéro, Fleisch grillen, Essen, Plaudern, Schlafen legen.


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Tag 10 – Chaumont
Noch immer weht ein steifer, kühler Wind von Norden her. Bei uns im Hafen merkt man nichts davon, aber draussen im See herrscht damit keine Gemütlichkeit. Noch immer stehen deshalb die Pläne auf Landgang und wir entscheiden, es nochmal an der Westküste zu versuchen.
Die Wahl fällt auf den Hafen von Saint-Blaise, weil dort kein Ufza-Fest mehr gefeiert wird. Ausserdem ist er mit seiner nördlichen Lage ein guter Ausgangspunkt für den Wechsel in den Murtensee, wo wir nächste Woche den Termin für die neuen Batterien haben.
Wir gehen den Tag gemütlich an, denn schliesslich haben wir Urlaub. Gegen 10 Uhr lösen wir die Leinen und verlassen unseren Hafen durch den kleinen Kanal Richtung See.
Dieser ist, wie gestern, aufgewühlt und macht weder zum Baden noch für einen Frühstückshalt an. Wir ziehen deshalb die einstündige Fahrt nach Saint-Blaise ohne Halt durch. Lydia kredenzt ein paar Sandwiches, damit wir nicht als ausgehungerte Skelette ankommen.
Bei der Einfahrt in Saint-Blaise steigt die Spannung, weil es hier nur 3 Plätze gibt, in die unser Eisenkahn reinpasst. Glück gehabt, einer davon ist frei. Mit dem Bug voran schlüpfen wir hinein und seilen uns rundherum fest an. Zeit für einen Hafentrunk. Notabene bei geschlossenem Verdeck, weil anders als in unserem Hafen zieht hier der Wind voll durch.

Am Nachmittag machen wir unsere eScooter und einen Rucksack mit herbstlichen Klamotten klar. Damit scootern wir zur Talstation der Standseilbahn auf den 1180 Meter hohen Chaumont, dem Hausberg der Stadt Neuchâtel. Die Bahn ist eine Art Tramwaggon, der auf Schienen an einem Stahlseil den Berg hochgezogen wird. Der Wagen ist gut besetzt mit Downhill- Bikern, die ihre Rennmaschinen vor unserer Sitzbank aufgestapelt haben.

Die Fahrt dauert knapp 10 Minuten. Auf dem Berg ist schwer was los. Eine Gruppe Jugendlicher hält ein qualmendes Lagerfeuer in Gang, gut 30 Leute bereiten sich für Ziplining vor, es wimmelt von Bikern, die sich die Waldpisten herunterstürzen wollen und ein paar Motorradfahrer haben sich ebenfalls hierher verirrt.
Wir klettern auf den Aussichtsturm und geniessen den Blick über die 3 Seen und die dahinter aufragenden Schweizer Alpen.


Danach beginnt unser eScooter-Roadtrip. Zuerst auf dem Bergkamm Richtung Bielersee, dann abwärts durch Waldstücke, vorbei an Weiden, Feldern und kleinen Ferienhäuschen, die hier weit verbreitet sind.


Die letzte Etappe führt durch den mittelalterlichen Teil von Saint-Blaise, der stark von seinem Bach geprägt ist.


Zurück auf dem Schiff gönnen wir uns einen Apéro, als unsere Freunde Beatrice und Hanspeter mit ihrem Segelschiff in den Hafen einlaufen. Eine Begrüssung später führen wir den Apéro auf ihrem Boot weiter.
Unser zNacht findet gleich gegenüber in der «Buvette du Port» statt, wo uns auf der Terrasse knusprige Pizzen und ein schöner Blick über den Neuenburgersee geboten werden.
Beatrice und Hanspeter besuchen uns anschliessend auf unserem Achterschiff. So lassen wir gemütlich den Tag bei einem Absacker miteinander ausklingen.
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Tag 9 – Westküste
Nach dem gestrigen, quasi verlorenen Tag möchten wir heute wieder dort anknüpfen, wo wir gestern durch Gewalt unterbrochen wurden. Es weht allerdings ein verhältnismässig eisiger Wind von Nordosten her. Nicht unbedingt die Gegebenheiten für einen gemütlichen Ankertag. Der Plan ist deshalb folgender: wir verholen an die Westküste des Neuenburger Sees und verbringen die nächsten ein bis zwei Tage mit Wanderungen, Exkursionen und Spaziergängen an Land.
Unser Ziel ist deshalb der Hafen von Auvernier, südwestlich der Stadt Neuchâtel gelegen und ziemlich genau 1 Stunde Fahrt vis-à-vis von unserem Standort entfernt. Der See ist aufgewühlt, Wellen schlagen gegen unseren Rumpf und wegen des kühlen Windes behalten wir die Blachen auf dem Achterschiff geschlossen.
Dann die erste Enttäuschung des Tages bei der Einfahrt in Auvernier. Alle Gästeplätze sind belegt. Ausserdem lassen die Festbänke und das Kindertrampolin nicht gerade himmlische Stille vermuten. Lydia schlägt nach. Yep, Fête du Port mit Ufza Ufza bis in die frühen Morgenstunden. Danke, aber danke. Ein geordneter Rückzug ist angesagt.
Wir verziehen uns um die Ecke an einen hübschen Ankerplatz. Beim Ankern kommen Wind und Welle immer – jedenfalls bei uns – von vorne und sind so bis zu einem gewissen Grad nicht weiter störend. Später lässt der Wind sogar nach und es wird ein schöner Relax- und Badetag.

Gegen Abend überqueren wir den See wieder in die entgegengesetzte Richtung und machen an unserem Hafenplatz fest. Das bedeutet übrigens eine garantierte Landstrom-Verbindung, was bei unseren gebeutelten Batterien durchaus von Vorteil ist.
Im Hafen ist es herrlich ruhig. Wir machen ein Oliven-Parmiggano-Pastis-Apéro auf dem Vorschiff und schauen dem Hafentreiben zu.


Zum zNacht grillen wir Bison-Burger, genehmigen uns das eine oder andere Glas Rotwein und geniessen die Aussicht auf den Sonnenuntergang.


Eigentlich war für heute ein ausgedehnter Landgang geplant. Morgen ist auch noch auch ein Tag.
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Tag 8 – Höhere Gewalt
Ein wunderschöner Tag bricht an. Die Sonne scheint, es wird wieder wärmer – und ich bin im Krankenhaus.

Aber ganz von Anfang an. Seit Dienstag / Tag 5 plagen mich leichte Schmerzen im rechten Unterbauch. Nichts Schlimmes eigentlich, aber die Stelle sowie der Umstand, dass sie nicht weggehen, lassen schon etwas erhöhte Aufmerksamkeit aufkommen. Wären wir zuhause, würde ich mich nicht weiter darum kümmern. Auf einem Schiff, welches Wind und Wetter ausgesetzt und die Flexibilität eingeschränkt ist, ist das eine andere Sache. So sieht das auch die von mir kontaktierte TelMed und rät mir, die Sache sicherheitshalber in der Notaufnahme untersuchen zu lassen.
Zuerst müssen wir in unseren Heimathafen zurück, wo unser Auto steht. Die Überfahrt dauert 1 Stunde. Nach dem Ablegen übernimmt Lydia das Steuer, während ich mich dusche und ein paar Sachen packe, falls sie mich im Krankenhaus behalten sollten. Dann gehe ich ans Steuer und Lydia zaubert ein paar Sandwiches. Im Hafen angekommen leeren wir unsere Abwassertanks. Lydia holt das Auto und ich parke das Schiff an unserem Liegeplatz. Danach fahren wir ins Regionalspital von Murten-Meyriez.
Dort herrscht wenig Betrieb. Zuerst erfolgt das Aufnahmegespräch. Dann erste Untersuchung durch eine Ärztin. Später wird mir Blut abgenommen, um Entzündungswerte zu messen. Das dauert erstmal eine Weile. Gefunden wird nichts. Die Ärztin führt daraufhin eine Ultraschalluntersuchung durch. Sie kann keine Anzeichen für eine Entzündung finden. Da die Symptome aber für eine Blinddarmentzündung sprechen, wiederholt eine Oberärztin die Untersuchung. Sie wollen sicher sein und ziehen einen Radiologen zu Rate, der nochmal eine gründliche Untersuchung vornimmt und sich mit der Ärztin berät.
Schlussendlich sind sich alle einig, daß hier nichts Bedenkliches vorliegt und wir beruhigt unseren Urlaub fortsetzen können. Das entspricht auch unserer Lieblingsdiagnose. Den eingebauten Zapfhahn und das OP-Hemd muss ich zurückgeben. Dafür darf ich meinen Blinddarm wieder mitnehmen.
Es ist kurz nach 14 Uhr, als wir wieder ins Freie treten. Hunger. Murten. Die Entscheidung ist schnell getroffen. Es ist nur ein kurzer Abstecher ins Restaurant Anatolia. Warme, türkische Küche den ganzen Tag. Wir kriegen eine leckere Meze kredenzt, danach gefüllte Aubergine für Lydia und eine geschmorte Lammhaxe für mich.
Es ist viel los im Murtener Stedtli. Jedes Restaurant ist gut besucht, der Touristenzug ist unterwegs, 2 Pferdegespanne ziehen an uns vorbei, die Töfflibuebe knattern auf ihren Mopeds durch die Strassen und ein bunt gekleideter Tross von Männern feiert vermutlich Junggesellenabschied.


Wir gehen nochmal einkaufen und fahren danach zurück zum Boot. Es ist schon früher Abend und wir sitzen noch ein wenig auf dem Achterschiff, um die Abendsonne zu geniessen. Gekocht wird heute nichts mehr. Ich versuche den Blog wieder ein bisschen aufzuholen. Ansonsten sind wir müde und gehen früh zu Bett.

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Tag 7 – Revierwechsel
Das war’s dann mal mit dem Sommer. Mit dem nächtlichen Regen sind die Temperaturen um gute 10 Grad gepurzelt. Der Himmel ist verhangen, es herrscht ein kräftiger Wind von Südwesten und irgendwie ist uns nicht danach, in Badekleidung herumzuhängen.
Wir wollen nicht maulen, weil nützt ja eh nix. Ausserdem ist unser Schiff picobello saubergewaschen worden. Damit ist unsere Beauty hübsch genug, um auf Reisen zu gehen. Wir verbringen wegen der Batteriegeschichte schon zu lange hier im Murtensee, jedenfalls in Relation zu den mickrigen zwei Wochen Urlaub. Deshalb werden wir heute zum Neuenburgersee fahren.
Wir frühstücken in unserem gemütlichen Wintergarten. Gegenüber werden mittels Kran schon die ersten Schiffe aus dem Wasser gehoben. Ist denn schon Saisonende? Unser Blick schweift nach links zur Absauganlage, der wir vor unserer Abfahrt noch einen Drink anbieten wollen. Was ist das für ein Zettel? HORS SERVICE – ausser Betrieb. Merde, die einzige Anlage am Murtensee, die wir ohne Schuhlöffel anfahren können! Rufend kommunizieren wir mit dem Hafenmeister, der grade den Kran bedient. Wann ist die Anlage wieder verfügbar? Er lacht. Das wissen die Götter. Willkommen in der Westschweiz.
Gegen Mittag tut sich ein trockenes Wetterfenster auf. Leinen los, wir legen ab. Mit dem Wind im Rücken setzen wir Kurs auf den Broye-Kanal. Im Nordosten, weit hinter dem See, zieht eine Wolkenbank ihren Regenschleier hinter sich her.

Das Wasser hat immer noch 24°. Anders als im Frühsommer haben die Gewässer im August noch viel Energie gespeichert und lassen sich von dem bisschen Sauwetter nicht gross beeindrucken. Wir auch nicht. Selbstverständlich legen wir mitten auf dem See einen Badehalt ein.
Die Fahrt durch den Broyekanal ist wie immer ein Highlight. Wir haben diese Strecke bestimmt schon 40 mal befahren und geniessen sie jedes Mal von Neuem. Heute kommt uns wieder einmal ein gut besetztes Kursschiff entgegen. Man winkt uns zu, wir winken zurück, Fotos werden gegenseitig geschossen. Ja, im Broyekanal sind einfach alle gut drauf.



Im Neuenburgersee begrüsst uns eine steife Brise mit Wellen von der Seite. Unser Ziel ist Saint-Blaise am untersten Nordwest-Zipfel. Warum unten? Weil die Abflussrichtung von Südwest nach Nordost ist und Wasser auch in der Schweiz selten den Berg hochfliesst.
Wir nähern uns dem Hafen von Saint-Blaise. Mir fallen die Bierzelte auf. Lydia schlägt nach: Fête de la Sauvetage heute Donnerstag & Freitag mit Musik bis morgens um 4 Uhr. Nein, das ist nicht das Fest des versoffenen Stockwerks sondern der hiesigen Lebensrettungsgesellschaft. Auch wenn das Programm wahrscheinlich stark vom Saufen dominiert ist. Uns ist gar nicht nach organisierter guter Laune mit Ufza Ufza bis in die frühen Morgenstunden.
Nur 1 km südwestlich von Saint-Blaise liegt der Hafen von Hauterive und darauf halten wir spontan zu. Ein Anlegemanöver später liegen wir sicher vertäut am Kopfsteg.

Noch ist es trocken und wir nutzen die Gelegenheit für einen kleinen Spaziergang. Spontan reservieren wir einen Tisch fürs Abendessen im Restaurant Le Silex, gleich gegenüber von unserem Liegeplatz. Danach suchen wir den Hafenmeister auf. Bezahlt wird morgen. Die Duschen sind nur von 7 – 11 Uhr morgens geöffnet, weil es Probleme mit Vandalismus gab. Ich erspare Euch die unappetitlichen Ausführungen des Hafenmeisters. Jedenfalls werden wir uns heute an Bord frisch machen, bevor es zum Abendessen geht.
Später im Silex werden wir an unseren Platz geführt. Die Aussicht auf den See ist herrlich. Unsere Tischnachbarn haben praktischerweise ihren Kinderwagen samt Inhalt an unseren Tisch gestellt. Unabhängig davon sitzt eine 8köpfige Frauengruppe in der Ecke und unterhält sich überschwänglich und lautstark. Andere Gäste passen ihre Gesprächslautstärke daran an. Der Säugling neben uns meldet sich irgendwann auch zu Wort. Wir fragen die Bedienung, ob wir in den vorderen Teil des Restaurants umziehen dürfen. Wir dürfen. Fluchtartig verlassen wir den Ort des Wahnsinns und werden an einem kleineren Tischchen auf einfachen Holzstühlen mit weniger spektakulärer Aussicht platziert. Und es ist gut so.
Ein leckeres Lachstartar eröffnet das heutige Abendmahl, gefolgt von etwas zu garen Doradenfilets für Lydia und einem ebenfalls zu lange geschmorten Schweinerückensteak für Patrick. Die Besatzung ist aber immer charmant und der Wein, ein lokaler Gamaret aus dem Barrique, überzeugend. So geht der Abend alles in allem gut aus.



Es ist schön, wenn man vom Restaurant ins Bett nur 2x umzufallen braucht. So tapsen wir die paar Schritte durch den Regen in unser mobiles Zuhause.
