Drei-Seen-Land 2025

Tag 16 – Heimreise

Auch der heutige Tag will uns rein wettermässig nicht überzeugen. Es geht wieder Regen nieder, der Wind pfeift schon den dritten Tag hintereinander in unverminderter Intensität durch die Klamotten und draussen ist der See nach wie vor aufgewühlt.

Die Wetterprognosen versprechen Aufhellungen und wärmere Temperaturen für den Nachmittag. Morgen Sonntag soll es sogar wieder spätsommerlich warm werden. Die Vernunft gebietet, noch einen Tag länger hier im Hafen zu verweilen und erst am Sonntag die Heimreise anzutreten. Andererseits werden wir morgen vom schönen Wetter nicht viel haben, weil trotzdem die meiste Zeit für’s Aufräumen und Zusammenpacken draufgeht. Ausserdem hätten wir gerne noch einen Tag übrig, um zuhause anzukommen, Wäsche zu waschen und all die anderen Dinge zu erledigen, die in den letzten 2 Wochen liegengeblieben sind.

So entscheiden wir uns, die Zelte heute abzubrechen und den geordneten Rückzug anzutreten. Wir bezahlen beim Hafenmeister die Zeche, ziehen die Betten ab, räumen das Schiff auf, packen unsere Siebensachen in Kisten und Taschen und entsorgen Abfall. Dann heisst es Abschied von Auvernier zu nehmen. Wir ziehen das Stromkabel ein, lösen die Leinen und tuckern langsam Richtung See hinaus.

Der Wind der letzten Tage hat den See von südwestlicher Seite her ordentlich aufgepeitscht. Wellen von bis zu 1.5 m Höhe rollen mit Schaumkronen oben drauf den See hinunter. Für uns ungünstig, weil unser Heimathafen im Südosten, ziemlich genau gegenüber von Auvernier, liegt und wir damit quer zur Welle fahren müssten. Da Auvernier in einer von Süden her abgedeckten Bucht liegt, laufen die Wellen noch von vorne auf uns zu. Unser Bug durchschneidet die Wasserhügel, unser Kahn bäumt sich dabei auf und klatscht wieder herunter. Gelegentlich spritzt dabei Gischt hoch. Wir fahren gedrosselt, um Stampfen zu vermeiden. Andernfalls fühlte es sich bei jeder Welle an, als würde jemand voll in die Bremsen treten.

Richtig unangenehm wird es erst weiter draussen, wenn die Wellen allmählich auf unsere rechte Seite treffen. Anders als ein Segelschiff haben wir keinerlei stabilisierende Komponente wie einen Gewichtskiel oder ein Segel im Wind. Wir würden rollen, das heisst wüst von rechts nach links durchgeschüttelt, Schubladen würden aus den Führungen springen und Einrichtungsgegenstände durch die Gegend fliegen. Die Kunst ist, die Wellen in einem 45°-Winkel anzufahren und das Rollen möglichst abzufangen. Dadurch können wir zwar nicht auf direktem Kurs unseren Heimathafen erreichen, aber so verhindern wir, dass unser Interieur danach wie nach einem Junggesellenabschied aussieht.

Der Kurs muss dabei permanent mittels starker Ruderkorrekturen gehalten werden, weil die Wellen das Schiff immer in eine Querlage zwingen wollen. Entscheidend ist dabei, Fahrt zu machen, weil ohne Fahrt keine Ruderwirkung mehr existiert. Ein Maschinenausfall wäre deshalb jetzt gerade eine saublöde Idee. Nichts, das irgendwie lebensgefährlich wäre, aber ziemlich unangenehm. Lydia klebt sicherheitshalber alle Küchenschubladen mit Gewebeband zu und verstaut alles, was nicht niet- und nagelfest ist, im Spülbecken. Ausserdem verschliesst sie alle Bullaugen, da die Gischt bis aufs Deckhaus spritzt.

In der Ferne, am gegenüberliegenden Ufer, schauen wir einer Wolke beim Abregnen zu. Sie zieht schnell von Südwest nach Nordost zusammen mit den Wellen den See hinunter und schiebt starke Windböen vor sich her, die wir ebenfalls abkriegen und meine Bemühungen, den Kurs zu halten, zusätzlich sabotieren. Ausserdem sorgen beide Kräfte für Abdrift, der mit weiteren Kurskorrekturen entgegengewirkt werden muss. Wir entscheiden, weiter nach Süden zu fahren und so hinter die Wolke zu kommen.

Mit Erreichen der Seemitte ändern wir zügig den Kurs um 90° nach Links, sprich Osten, und erhöhen die Geschwindigkeit. So fahren wir den Wellen in einem 45°-Winkel davon. Aber auch hier ist harte Arbeit am Ruder notwendig, weil die Wellen nun mal schneller sind und uns in Querlage herumwerfen wollen. Trotzdem ist dieser Kurs deutlich angenehmer, weil das Stampfen entfällt. Um Fischernetzen auszuweichen, drehen wir nochmal mit reduzierter Geschwindigkeit nach Süden und später ein letztes Mal nach Osten. Auf dem letzten Stück hat der Wind schon deutlich nachgelassen und die Wellenhöhe abgenommen, so dass wir mehr oder weniger direkt auf unseren Heimathafen zulaufen können. Nach 75minütiger Zick-Zack-Fahrt erreichen wir so die Hafeneinfahrt. Das hat sich jetzt richtig dramatisch angehört, nicht wahr? In der Realität ist es einfach nur lästig, mehr nicht 🙂

Wir fahren direkt zur Absaugstation und verschenken unser buntes Wasser an die örtliche Kläranlage. Unser Gepäck brauchen wir nur noch beim Kran abzustellen. Lydia flitzt mit dem eScooter zum Parkplatz und holt den Wagen, während ich schon mal Blachen verschliesse und das Schiff zum Versorgen klar mache. Schnell ist unser Gepäck im Auto verstaut. Ein letztes Mal lösen wir die Leinen und fahren an unseren Liegeplatz. Festmacher einhängen, Landstrom einstecken, am Schiff diverse Kugelhähne schliessen, Systeme ausschalten, ein Kontrollblick in die Runde. Dann verschliessen wir alle Zugänge und verlassen unsere schwimmende Behausung auf unbestimmte Zeit.

Auf der Heimfahrt machen wir noch einen kleinen Umweg. Sowohl Ingo als auch der Werftchef hatten mir unabhängig voneinander geraten, unserem Motor einen frischen Luftfilter zu spendieren. Dieses Teil gehen wir noch schnell bei einem Händler abholen. Eingebaut wird es ein Andermal.

Danach führt uns der Weg in den Supermarkt, um uns für das restiche Wochenende zu versorgen. Um 16:30 Uhr fahren wir zuhause in unsere Garage ein, räumen den Wagen aus und schliessen somit unseren Urlaub offiziell ab. Werden wir diese Reise wiederholen? Haha.

Natürlich. Schliesslich können wir jede freie Minute auf unserem Boot verbringen. In einer grosszügigen Autostunde sind wir da. Alle Orte, die wir die letzten 2 Wochen bereist hatten, waren uns nicht fremd. Es gibt aber immer wieder neue Kleinigkeiten zu entdecken, leckere Restaurants zu erkosten und nette Menschen kennenzulernen. Ausserdem ist durch die Umstände aus dem 3-Seen-Land-Urlaub einer mit 2 Seen geworden. Eigentlich wollten wir dieses Jahr die Hauptzeit im Bielersee verbringen, weil es dort weit mehr Plätze gibt, die wir bisher noch nicht erkundet haben. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Und dann gibt es auch einen neuen Blog mit neuen Langweiligkeiten, versprochen.

Heute ist Sonntag, also quasi Tag 17. Die letzten 4 Tage dieses Blogs habe ich heute anhand von Notizen getippt, damit dieses Werk vor Urlaubsende noch fertig wird. Ich bedanke mich bei allen, die unsere Reise mitverfolgt haben. Heute geniessen wir den sonnigen Tag auf unserer Terrasse und bewundern das Alpenpanorama, das Dank der niedrigeren Luftfeuchtigkeit klar zu sehen ist. Der Herbstbeginn hat auch seine guten Seiten.

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