Tag 3 – Dschungel
Trotz einer unruhigen Nacht fühlen wir uns am Morgen ausgeschlafen. Ja, die Ohren dröhnen und schmerzen und man ist versucht, den ganzen Tag im Bett zu verbringen. Rumhocken tut aber der Seele nicht gut, es muss ein vernünftiger Kompromiss gefunden werden.
Direkt in unserer Nachbarschaft ist das Sloth’s Territory, wo geführte Touren durch den ebenfalls angrenzenden Dschungel angeboten werden. Es geht primär um die Sichtung von Faultieren in freier Wildbahn. Wir gehen spontan zum ersten Führungstermin um 8 Uhr morgens hinüber. Mit unserem Guide Jason und einem französischen Pärchen geht’s dann auch gleich los. Auf einem gut ausgebauten Pfad erleben wir hautnah den Dschungel. Bitte nichts anfassen, manche Pflanzen können hochgiftig sein.
Das Sichten von Faultieren ist eine Wissenschaft für sich. Zu ihrer Überlebensstrategie gehört eben, nicht gesehen zu werden. Sie bewegen sich kaum und vergraben ihre Gesichtchen in ihrem Körper, um Energie zu sparen. Gut verdeckt von Blattwerk müssen wir damit rechnen, auf größere Distanz durch das Okkular eines Teleskops höchstens etwas Fell zu sehen zu bekommen. Jeden morgen früh schreiten Spotter den Pfad auf der Suche nach Faultieren ab und platzieren an den Sichtungspunkten rote Flaggen, damit die Guides leichteres Spiel haben.
Wir erreichen die erste Flagge und Jason spielt mit uns das Sichte-das-Faultier-Spiel. Keine Chance. Er versucht es mit Erklärungen bei welchem Baum wir durch welche Äste durchgucken müssen. Immer noch nix. Jason stellt das Stativ mit dem Teleskop auf den Boden und richtet es aus. Ich überreiche ihm nach Anfrage mein Handy. Kamera voran hält er es an das Okkular und wir bekommen Folgendes zu sehen:
Wir haben Glück, ein waches, aktives Exemplar beim Reinigungsritual zu beobachten. Jason gibt weiteres Wissen Preis, z.B. dass Faultiermännchen die Vielweiberei pflegen und je nach Art ein Revier von 4 – 8 Hektar patrouillieren – gaaanz langsam, versteht sich. Stossen sie auf einen Widersacher, wird erst gedroht, dann geschubst, dann gebissen und gekratzt. Natürlich nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt, weil Kämpfe kosten Energie. Ausserdem könnte ein Puma auf die Kontrahenten aufmerksam werden und, sagen wir mal, schlichtend eingreifen.
Auf der Tour bekommen wir auch Truthähne und Falken zu sehen. Und natürlich viel Vegetation, Gewässer sowie die unvermeidlichen Hängebrücken.


Danach gönnen wir uns ein kleines Frühstück, bevor wir uns für ein paar Stunden hinlegen. In meinem Fall ist das klar, aber irgendwie scheint auch Lydia noch viel Ruhe zu benötigen.
Es ist 14:30 Uhr als wir uns entscheiden müssen: hocken bleiben oder nochmal raus. Um 15 Uhr startet eine Führung durch die North Fields Kaffeeplantage. Also vámonos. Wir treffen fünf Minuten vorher ein. Leider alle Plätze ausgebucht. Kein Problem, 5 Minuten weiter ist der Fortuna Wasserfall. Dabei handelt es sich – Überraschung! – um Wasser, das 70m einen Berg herunterstürzt. «Lächerlich» mag man sich als Schweizer denken. Stimmt, aber hier ist alles wärmer und grüner. Nichts wie hin.

Über Treppen steigt man in einen Kessel, den das Wasser in den Fels gegraben hatte. Unten stürzen die Fluten in ein Bassin. Zahlreiche Besucher baden im Wasser. Wir gucken nur zu, denn aus dem Alter sind wir raus. Ausserdem kennen wir das von der Maggia. Nur kälter und weniger grün.
Auf dem Rückweg setzen wir uns in die Rio Lounge auf zwei Piña Colada. Natürlich nur zu medizinischen Zwecken. Medizin darf nämlich auch gut schmecken, um zu wirken. Und diese beiden Compañeros können es locker mit der Weltklasse unter den Piñas aufnehmen.

Zurück in unserem Dschungelhaus legen wir uns nochmal ins warme Jacuzzi, bis die Haut aufquillt. Danach sind wir völlig geplättet. Appetit haben wir auch nicht sonderlich. Mein halber Kopf fühlt sich an wie in Watte gepackt. So kommt es, dass wir um 19:30 Uhr zu Bett gehen. Von guter Nacht soll keine Rede sein, dafür schlafen wir beide zu unruhig.