Drei-Seen-Land 2025

Tag 12 – Avenches

Eine herrlich ruhige Bilderbuch-Ankernacht liegt hinter uns. Ganz dem Ferienprotokoll verpflichtet bleiben wir heute ein bisschen länger im Bett liegen. Natürlich nur so lange, bis der erste Kaffeedurst sich meldet. Und natürlich sind unsere Batterien wieder schlapp, was ein Starten des Generators  unumgänglich macht.

An Deck begrüssen wir Robi. Uns fällt auf, dass der Generator-Auspuff weissen Rauch ausstösst. Und da bei uns an Bord für gewöhnlich keine Papstwahl abgehalten wird, ist das kein positives Zeichen. Sowas deutet auf Wasser im Brennraum und damit eine gerissene Zylinderkopfdichtung hin. Könnte. Es gibt noch andere, weit weniger dramatische Ursachen. Solange das Teil noch keine Schrauben rausspuckt, lassen wir es laufen.

Nach dem erfrischenden Morgenbad bereitet Lydia ein leckeres Frühstücksplättli zu. Danach machen wir unsere Kähne klar zum Ablegen, denn heute fahren wir gemeinsam in den Murtensee. Zuerst lösen wir die Leinen der «Miranda». Robi fährt vor unseren Bug, damit wir bei der Gelegenheit sein Ankerlicht ganz oben auf dem Mast Zwecks späterem Ersatz inspizieren. Bei liegendem Mast ist das praktischer, anstatt ihn in aufgestelltem Zustand hochklettern zu müssen. Wir machen mehrere Fotos, auch vom Innenleben. Danach fährt Robi los.

Wir ziehen unseren Anker ein. Langsam holen wir den Vorsprung von Robi auf, bis wir im Broyekanal freundlich vorbeiziehen.

Wie immer ist die Kanalfahrt ein besonderes Highlight. Die Sonne scheint, es ist wieder angenehm warm und wir geniessen die Natur, die im gemächlichen Tempo an uns vorbeizieht. Im Murtensee angekommen, stellen wir die Maschine aus, um erneut ein kühlendes Bad zu nehmen. Robi geht unterdessen vor Anker, um den Mast seiner «Miranda» wieder betriebsbereit zu machen.

Für uns geht die Fahrt alsbald weiter, in den Schilfgürtel vor Avenches. Da heute der schönste Tag der Woche ansteht, werden wir uns auch heute ein nettes Ankerplätzchen einrichten. Ausserdem wird sich unsere Freundin Käthi zu uns gesellen. Sie logiert derzeit auf dem Campingplatz von Avenches. Deshalb ist die Wahl des Ankerplatzes kein Zufall.

Dort ankern ist für uns etwas tricky. Die Sandbank steigt steil auf. Wenn unter dem Bug, wo der Anker ausgebracht wird,  noch 6m Wasser sind, könnten wir mit dem Heck bereits eine Furche in den Dreck ziehen. Der Tiefenmesser ist hier auch nur bedingt hilfreich, weil er in der Schiffsmitte montiert ist. Sorgfältig fahre ich rückwärts in Richtung Ufer, während Lydia die Ankerwinsch bedient. Irgendwann spannt sich die Ankerkette. Anker hält, alles gut.

Nicht lange danach kommt auch Robi mit der «Miranda» nach. Das Andockmanöver gelingt wieder auf Anhieb und auch diesmal haben wir uns unseren Ankertrunk redlich verdient. Zwischenzeitlich kommt nochmal der Generator zum Einsatz, ohne weissen Rauch zu produzieren. Kühlwasser-Niveau ist auch unverändert, also vermutlich nur Kondenswasser am frühen Morgen in der Abgasleitung. Puh!

Lydia springt ins Wasser – und kann stehen! Ich springe nach und stelle Ähnliches fest. Was mir gar nicht gefällt. Ich wate am Schiffsrumpf entlang und es will nicht tiefer werden. Ein weiteres Indiz: normalerweise richtet sich ein Schiff vor Anker zum Wind hin aus. Wir aber stehen quer zum Wind. Klarer Fall: wir liegen mit dem Kiel auf dem sandigen Untergrund auf. Vermutlich so sanft, dass es bei der Rückwärtsfahrt nicht aufgefallen ist.

Wir klettern wieder an Bord. Das Manöver muss wiederholt werden. Zuerst Anker hoch, dann zwei Schiffslängen vor, Anker wieder runter. Die «Miranda» bleibt an unserer Steuerbordseite festgebunden und kommt praktischerweise mit. Ich spüre jetzt auch den Widerstand, als wir uns langsam aus der Sandbank befreien. Am Bug verändert sich die Wassertiefe dramatisch und wir müssten viel mehr Kette auslegen. Ein Dilemma, weil wir dadurch natürlich wieder näher zum Ufer und damit in seichteres Wasser kämen. Für den Moment reicht es erstmal.

Käthi reserviert für uns vier einen hübschen Platz für’s zNacht in der Camping-Beiz. Danach hole ich sie per Beiboot im Hafen ab. Lydia hat bei unserer Ankunft schon das nächste Plättli im Arsenal.

Den Rest des Nachmittags verbringen wir mit Baden, Plaudern und Apéro. Bis jemand nebenher nach den Wetterprognosen fragt.

In dieser Region sind Wetterprognosen oft irgendwo zwischen Wissenschaft und Glaskugel angesiedelt. Wenn Sturm und Regen angesagt sind, brechen wir erfahrungsgemäss nicht mehr in Panik aus. Doch diesmal sind sich 2 von 3 Modellen einig, Böen bis zu 60 km/h Wind und starker Regen, es wird wüst werden. Überzeugend.

Wir ändern kurzerhand unsere Pläne. Robi bringt zuerst Käthi an Land und danach sein Schiff an seinen Hafenplatz. Wir ziehen den Anker und verholen nach gegenüber in den Hafen von Vallamand, wo wir wegen dem Batteriewechsel eh hin müssen. Danach treffen wir uns alle in der Camping-Beiz. Los geht’s.

Beim Anker einziehen merke ich, wie leicht sich dieser vom Grund löst. Bei starkem Wind hätte dieser nie gehalten, die Entscheidung ist also schon mal nicht falsch. Die Überquerung nach Vallamand dauert 20 Minuten. Während der Fahrt bereitet Lydia alles vor, damit wir in Rekordzeit anlegen festmachen, alle Verdecke und Planen wettersicher befestigen, uns umziehen und mit einem gepackten Rucksack gen Avenches abdüsen können. Mit unseren eScootern umrunden wir den See und treffen früh genug ein, um uns im Duschbereich frisch machen zu können. Lydia hat alles Notwendige eingepackt, so dass wir uns kurz darauf ausgehfein bei Käthi am Camper einfinden können.

Robi ist auch schon da. Nach einem Apéro verschieben wir ins Camping-Restaurant. Wir bekommen die besten Plätze mit Blick auf den Strand und auf den See. Trotz eines Dienstags sind alle Tische belegt. Das Essen ist lecker, die Bedienung freundlich und die Witterung angenehm.

Bis plötzlich starke Windböen einsetzen. Innerhalb einer Minute ist die gemütliche Stimmung verflogen. Alle eilen in’s innere des Restaurants. Wir und ein paar andere Gäste helfen der Belegschaft, die Markisen einzuziehen, Sonnenschirme einzusammeln und Tischutensilien nach drinnen zu befördern. Robi ist mit Käthi zu ihrem Camper geeilt, um dort das Gleiche zu tun. In der Zwischenzeit setzt Regen ein. Wir klopfen uns innerlich auf die Schulter, dass wir unsere Schiffe zeitig in den Häfen versorgt haben.

Für unseren Abend tut das keinen Abbruch. Ein kleines Dessert hat in jeder Situation Platz. Später beim Zahlen eröffnet uns die Bedienung, dass der Wein aufs Haus geht, als Dank für unsere Hilfe vorhin. War doch selbstverständlich und wir freuen uns über diese nette Geste.

Mit den Trottis im Regen nach Vallamand zurückfahren ist im Regen keine erbauliche Erfahrung. Deshalb hat Käthi bereits im Vorfeld Campingfreunde organisiert, die uns mit ihrem Auto zurückfahren werden. Wir sind sehr dankbar für dieses noble Angebot. So kommen wir beinahe trocken in unserer Blechhütte an, reif für’s Bettchen nach diesem ereignisreichen Tag.

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