Tag 2 – (nicht so) prima Klima in Lima
Unser zwangmässiger Flug von Madrid nach Lima startete kurz nach Mitternacht. Für ein paar Stunden lassen wir uns von der ausgezeichneten Bedienung, Verköstigung und Unterbringung in dieser Boeing 787-9 von Air Europa verwöhnen. Moment mal, woher kommen dann die miserablen Bewertungen im Netz? Die gelten für die Holzklasse, die Business Klasse, für die wir gebucht haben, hingegen wird zu Recht gerühmt. So vergehen diese 11 Stunden buchstäblich wie im Flug.

Lima begrüsst uns um 6:00 Uhr Ortszeit mit einer Dunstglocke und durchaus angenehmen Temperaturen. Unser Anschlussflug mit Copa Airlines nach Panama – der von Air Europa für unsere Odysee gebucht wurde – wird bereits fürs Boarding ausgerufen, also Venga Venga! Am Gate ist nix mit Business Behandlung, wir müssen mit allen anderen anstehen, weil Copa die von Air Europa ausgestellten Tickets nicht akzeptiert. Für das, was kommt, sind wir froh, dass ein anderes, vom selben Schicksal betroffenes Pärchen dem Spanischen mächtig ist.
Zunächst einmal erleben wir einen Streit zwischen dem Gate Personal und einem anderen Passagier vor uns. Sein Flug wurde von Frankfurt über Lima umgebucht und nun soll er sein Aufgabegepäck selbst am Band abholen und es zum Flugzeug bringen – welches in 30 Minuten startet. Dann sind wir an der Reihe. Ich soll das Flugticket zeigen, welches nachweist, dass wir Panama wieder verlassen werden. Wir haben nur eine elektronische Buchungsbestätigung auf meinem Handy. Wo ist die Ticketnr.? Wie lautet die Flugnummer? Keine Ahnung, mehr haben wir nicht. Unter diesen Umständen dürfen wir nicht einsteigen. Ich werde sauer, fange an zu diskutieren. Unsere Schicksalsgenossen übernehmen das Gespräch auf Spanisch. Sie können die Lage klären, wir kriegen neue Tickets und dürfen an Bord. Was ist mit unserem Gepäck? Keine Ahnung, Air Europa habe keins in Lima abgeliefert. Mierda! Hilft nichts, wir steigen in den Flieger. Immerhin kriegen wir Sitze in der Business Class zugeteilt. Die Maschine ist topmodern und das Flugpersonal sehr herzlich. Schon bald sind wir wieder in der Luft.

Wir erfahren, dass Südamerika grosse Probleme mit illegaler Immigration hat und die Fluggesellschaften die Kosten übernehmen müssen, wenn einer ihrer Passagiere abtaucht. Der Prozessingenieur in mir wird wach. Was, wenn ich das Land per Auto, Bus, Schiff oder Hüpfball verlassen will? Muss ich dann trotzdem ein Ausreise-Flugticket kaufen? Kümmert mich eigentlich nicht, aber man merkt, dass sich das Urlaubsgefühl noch nicht so richtig eingestellt hat.
Kurz nach 10 Uhr kriegen wir das Land unserer (Urlaubs-)Träume via Vorbeiflug zu Gesicht. Endlich! Die Landung erfolgt unspektakulär und schon bald stehen wir am Migrationsschalter an. Wir werden befragt, fotografiert, vermessen, verurinprobt und gefingerabdruckt. Ein sattes Klack begleitet den Einreisestempel in unsere Pässe und wir werden mit einem warmen «bienvenido a Panama» Richtung Gepäckband entlassen.


War ja klar, unser Gepäck ist nicht da. Gemeinsam mit unseren Schicksalsgenossen begeben wir uns zur Gepäck-nicht-da-Motz-Zentrale. Sie führen das Gespräch auf spanisch. Scheinbar ist es mit der Zusammenarbeit zwischen Copa und Air Europa nicht so weit her, das Gepäck wurde deshalb gar nicht erst nach Lima verladen. Der nächste Air Europa Flug nach Panama ist am 1. Januar 2024, unser Gepäck wird uns am 2. Januar zugestellt. 4 Tage, toll. Die Besatzung am Tresen ist sehr freundlich, sie können ja auch nichts dafür. Unsere Leidensgenossen verabschieden sich von uns und wir machen uns auf zum Ausgang. Ein kleiner Schosshund wird hier zum offiziellen Gepäckbeschnuppern eingesetzt. Wir legen unser spärliches Reisegepäck auf das Band zum Scannen. Mir fällt nochmal der Becher Backpulver in meinem Rucksack ein und ich male mir die bevorstehende Diskussion mit den hiesigen Drogenwächtern aus. Es läuft aber alles glatt. Es ist 12 Uhr und wir gehen unseren Mietwagen holen.

«Sir, we have a little problem». Was Du nicht sagst. Geplant war eine Übernachtung in einem Hotel am Flughafen, um am nächsten Morgen um 9 Uhr erholt und entspannt unser Auto zu holen. Laut Regeln des Mietwagenhais «Thrifty» muss der Wagen spätestens 1 Stunde nach geplanter Uhrzeit abgeholt werden. Andernfalls verfällt die Reservation. Ich habe keine Lust mehr zum Streiten. Wir erhalten ein kleineres Auto zum doppelten Preis. Hauptsache weg. Ein weisser Hyundai wird uns die nächsten Tage zu unseren Zielen befördern. Das Heutige lautet Valle Antòn. Auf uns wartet eine dreistündige Autofahrt.
Auf den Strassen Panamas ist viel los. Gefahren wird… sagen wir, flexibel, aber sehr gelassen. Es wird überholt, wie es gerade kommt. Ich mag das, schnell habe ich mich an die örtlichen Gepflogenheiten angepasst. Man lernt auch schnell, mit den miserablen Strassenzuständen umzugehen. Schlaglöcher und intakter Asphalt stehen gefühlt im Verhältnis 1:1 zueinander. Venga Venga, ist ja nicht mein Auto. Unterwegs gehen wir Klamotten und Kontaktlinsenwasser für die gepäcklosen Tage einkaufen. Wir lassen uns Zeit, schliesslich haben wir Urlaub.
Valle Antòn befindet sich auf 600 MüM am Ende einer passähnlichen Rumpelstrecke. Um 17 Uhr erreichen wir unsere Unterkunft «Cabañas Potosi», wo uns Gastgeber Dennis, den wir schon zuvor per WhatsApp über unser Missgeschick unterrichteten, mit einem herzlichen «You made it» auf seinem Anwesen begrüsst.
Nach fast 40 Stunden in den selben Klamotten gönnen wir uns eine ausgiebige Dusche. Unser Handgepäck hatten wir Dank einer gewissen Voraussicht mit Bad-, Bett- und Auswärts-Essen-Utensilien bestückt. Zusammen mit unseren Einkäufen werden wir komfortabel über die Runden kommen.
Im Ort gibt es zahlreiche Restaurants. Wir entscheiden uns für das «Bruschetta», wo wir uns zuerst einmal zwei Cervezas bestellen und damit endlich – endlich! – in unserem Urlaub angekommen sind.

Zum Essen gereicht man uns gebratenes Rinderfilet in den Variationen Steak mit Backkartoffel und in Streifen mit Gemüse und gebratenen Bananen-Pads. Lecker.

Gegen 21 Uhr verkriechen wir uns in unsere Cabaña und legen uns seit Langem wieder mal in ein richtiges Bett.